Eine zweischneidige Sache
Ende 2006 brachte Roland – damals noch unter seinem Label Edirol – das Audiointerface UA-4FX auf den Markt. Damals noch mit dem Gehäuseaufdruck „USB Audio Capture“ versehen, war die Integration eines Effektgerätes in ein Audiointerface eine erwähnenswerte Sache. Jetzt, gut zehn Jahre später, hat Roland den Nachfolger veröffentlicht. Und hat dabei eine ganz neue Zielgruppe im Auge: Die der Webcaster. So ist nicht nur der Name Edirol vom Gehäuse verschwunden, auch das „USB Audio Capture“ wurde durch das hippe „Stream Station“ ersetzt. Warum die Neuauflage, die Roland UA-4FX II Stream Station, nun so speziell für die Netz-Kreativen geeignet sein soll und ob trotzdem die Musiker noch davon was haben – das schauen wir uns jetzt mal an.
Technisches
Das Roland UA-4FX II ist ein 24 Bit / 96 kHz USB (2.0) Audiointerface mit zwei Record- und zwei Playback-Channels und integrierten Effekten.
Ausgepackt
Der Karton enthält – neben dem erstaunlich kleinen Roland UA-4FX II, das sah auf den Abbildungen größer aus – ein 7-sprachiges Manual im DIN-A-5-Format (13 Seiten pro Sprache) und ein – mit einem Meter – recht kurzes USB-Kabel. Wer seinen Rechner also nicht gerade genau unter dem Tisch hat, dürfte da Probleme bekommen. Ist nur eine Kleinigkeit, aber gerade deshalb ärgerlich – ein halber Meter mehr hätte Roland auch nicht ruiniert. Ein Netzkabel liegt nicht bei, da keines benötigt wird – das Interface begnügt sich mit dem Saft aus der USB-Buchse. Die Treiber finden sich zum Download auf der Roland-Seite im Netz, weitere Extras – wie etwa Software, die inzwischen ja fast schon zur obligatorischen Beigabe geworden ist – gibt es nicht. Insgesamt ziemlich sparsam also.
Angeschaut: Äußerlichkeiten und Design
Hier setzt sich der Sparkurs fort. So besteht das Gehäuse der Stream Station komplett aus Kunststoff. Nicht mal zu einer stabilen Bodenplatte hat es gereicht. Das wirkt zum einen etwas billig, zum anderen ist es auch nicht sonderlich robust; schon ein Sturz vom Arbeitstisch könnte da fatale Folgen haben. Bei einem Gerät, das mit einem Ladenpreis von fast 200,- Euro nun nicht unbedingt in die Wühltisch-Liga gehört, ist das schon etwas mager. Der einzige Vorteil ist da, dass das Roland UA-4FXII mit gerade mal 240 Gramm extrem leicht ist. Falls man das mal transportieren will.
Billig wirken auch die auf Metal-Look getrimmten Drehregler, die – silbrig glänzend – ihre Plastik-Herkunft verschleiern wollen. Mag sein, dass es Menschen gibt, die so was schön finden, ich gehöre nicht dazu. Hinzu kommt, dass die Knobs dann auch extrem glatt und „ungriffig“ sind. Warum nicht einfach gummierte oder wenigstens geriffelte nehmen?
Und schließlich: Dass das Gehäuse ziemlich klein ist (genauer: 14,6 x 11,0 x 4,2 Zentimeter), hatte ich bereits kurz erwähnt. Leider führt das dann auch dazu, dass die Drehregler recht dicht beieinander liegen, so dass man da mit „spitzen Fingern“ arbeiten muss, aber trotzdem immer noch mit den anderen Fingern irgendwo anstößt. Zusammen mit der glatten Oberfläche der Regler ist die Bedienbarkeit unter dem Strich da ziemlich mau. Ja, bis hierher haben die Stream Station und ich einen schlechten Start. Mal sehen, ob die mich dann technisch und praktisch überzeugen kann.
Angeschaut: Bedienung und Technik
Werfen wir mal eben einen Blick auf das angesprochene kompakte Bedienfeld des Roland UA-4FX II, das gegenüber dem Erstling einige Veränderungen erfahren hat. So ist der Output-Regler zentral in die Mitte geschoben worden, die beiden Drehregler für Mic/Guitar und Line wurden drastisch verkleinert und an den linken Rand versetzt. Warum? Weil die rechte Seite für zwei neue beleuchtete Taster gebraucht wird. Zum einen der „OnAir“-Button (leuchtet rot, wenn das Eingangssignal an den Rechner und an die Ausgangsbuchsen weitergeleitet wird), zum anderen ein „Loop-Back“-Taster (leuchtet grün, wenn das Signal, das via USB vom Rechner kommt, auch wieder an selbigen zurück geleitet wird). Klingt vielleicht etwas verwirrend, aber das schauen wir uns gleich mal genauer an.
Die obere Hälfte des Bedienfeldes ist für die Effekt-Abteilung reserviert. Über vier Drehregler (genau, die kleinen Glatten) werden die insgesamt je vier Effekte der drei Kategorien „Mic/Guitar“, „Mastering“ und „Total Mix“ zugemischt. Natürlich nicht alle gleichzeitig, über einen Select-Taster kann eine Kategorie ausgewählt werden, die dann für die Effekte zuständig ist, mit einem weiteren Taster können die Effekte auch ganz zum Schweigen gebracht werden. Rechts daneben gibt’s noch eine fünfgliedrige Pegelanzeige (ohne Gelb-Vorwarnung: 4x grün, dann rot), am linken Rand eine USB-Kontrollleuchte.
Anschlusstechnisch leidet die Neuauflage gegenüber dem Vorgänger ein wenig an Magersucht. MIDI I/O, optischer S/PDIF digital I/O, Stereo Cinch-Eingang und 6,3 mm Klinkenausgang für Kopfhörer – alles wegrationalisiert. Übrigens genau wie die Wählschalter für die Sample-Rate oder die LED für die aktivierten 48V-Phantom-Power.
Geblieben ist die XLR-Buchse für das Mikrofon (leider nicht verriegelbar, was ich immer etwas unschön finde), eine Klinkenbuchse für Mic/Gitarre, ein weiterer Line In (Miniklinke) und ein Kopfhörer-Eingang (ebenfalls Miniklinke, auch kompatibel mit Headsets) – all das auf der linken Gehäuseseite. Rückseitig noch ein Stereo-Cinch-Ausgang, auf der rechten Seite schließlich zwei Wahlschalter – einen für Mic oder Guitar, einen für die – auf den XLR-Anschluss – zuschaltbare 48V Phantom-Zugabe. Letzterer wie gesagt dann ohne LED-Anzeige, nach dem Motto „Wirst Du schon merken, wenn der nicht aktiviert ist“.
Angeschlossen und ausprobiert: Die Effekte
Unter Windows 10 ist die Inbetriebnahme kein Problem: Anstöpseln, Treiber werden selbstständig gesucht und aufgespielt, fertig. Windows 7/8-Nutzer dagegen müssen sich den Treiber selber herunterladen – der im Handbuch dazu aufgeführte Link ist allerdings untauglich und führt lediglich auf die Roland-Hauptseite, da ist dann also eigenständiges Suchen angesagt. Windows 10 trägt das neue Gerät dann auch gleich als zuständiges Aufnahme- und Wiedergabegerät ein, kann also direkt losgehen.
Da die Effektsektion sowohl im Gerät selber als auch im Namen (FX) besonders hervorgehoben wird, wollen wir die uns hier mal genauer anschauen. Was direkt auffällt: Auch hier wurde gegenüber dem Vorgänger zum einen ein wenig die Axt angesetzt, aber auch kräftig umsortiert. Einige Effekte wurden ganz gestrichen – wie zum Beispiel das Delay, Low Boost und High Boost, die Rauschunterdrückung im Mastering, die Karaoke-Funktion, dazu die Höhen, Kompressor und Level im Tube Simulator. Andere wieder (wie der Amp-Simulator oder eine Rauschunterdrückung für das eingehende Audiosignal) sind jetzt an anderer Stelle über kleine Umwege zu erreichen. Geblieben sind je gleich zwei Mal „Tube – Fat&Warm“ (ein Röhreneffekt), „Auto-Level“, „FX Voice/Drive“ und „Reverb“, dazu Enhancer, Chorus sowie Master-Lo und Hi. Das ist dann schon ziemlich Sprach- und gitarrenlastig ausgerichtet – was aber jetzt kein Vorwurf sein soll.
Hier einige Klangbeispiele (und sorry: Ich bin kein Gitarrist ;) )
Die Qualität der Effekte ist größtenteils gar nicht übel. Der Enhancer bringt Schwung in die obere Etage, mit dem Voice-FX aka Pitch-Shifter lassen sich schöne Spielereien veranstalten, der Chorus macht das Signal schön breit, der Auto-Level ist fast immer schnell genug, um Fluchten in den Rotlichtbezirk zu unterbinden und die Rauschunterdrückung bekämpft recht wirkungsvoll Störendes im Eingangsbereich.
Der Amp-Simulator (der seinerseits nicht zusammen mit anderen Effekten genutzt werden kann) liefert mit „American Rock“, „British Rock“ und „Metal“ drei nette Grundeinstellungen, die recht markant klingen – American Rock und Metal unterscheiden sich da aber nicht dramatisch.
Blöd ist, dass sich die nur über einen nicht gerasterten oder gekennzeichneten Drehregler einstellen lassen; lediglich über ein Diagramm im Manual ist ersichtlich, welche Drehbereiche welchem Sound zugeordnet wurden – da erwischt man beim Wechsel dann schon mal gern den falschen Amp. Außerdem greift der zweite, dazugehörige Drehregler (der seltsamerweise gleichzeitig für Level UND Höhenanteil zuständig ist) vom Beginn an überaus kräftig zu, der scheint auch nur alles oder nichts zu kennen. Aber sonst ist das ok, es macht schon Spaß, damit „rumzubraten“. Mit einer „professionellen“ Amp-Simulation kann das aber nicht mithalten. Aber das erwartet vermutlich auch niemand.
Das Reverb dagegen ist mir etwas zu brachial; selbst bei kleiner Einstellung klingt das wie eine Halle, nur eben leiser. Master Lo/Hi wirken ein wenig zu mutlos, denen hätte man gerne mehr Auslauf geben können. Besonders der Bass liefert nicht den rechten Punch, sondern wird nur „finsterer“.
Und was kann das Roland UA-4FX II jetzt?
Nun, zum Beispiel kann ich damit ein Signal über den Rechner zuspielen, über ein angeschlossenes Mikrofon (per „OnAir-Funktion“) oder über den Line-In ein weiteres Signal dazu mischen, mit den Effekten aufwerten/verfremden und per Loopback-Funktion zum Rechner zurückschicken und dort alles zusammen aufzeichnen oder gleich rausschicken. Wozu? Um beispielsweise ein Lets Play live zu kommentieren. Oder mit einer Gitarre zu einem Song zu üben und das Ergebnis aufzunehmen. Die Auto-Level-Funktion verhindert da (meist) Ausreißer in den roten Bereich. Das ist insgesamt schon „pretty cool“.
Auch (jüngere) Gamer dürften Gefallen finden: Endlich können sie im Voice-Chat ihre Stimme per FX Voice Formant-Shifting etwas erwachsener gestalten und entgehen so den üblichen Aufforderungen älterer Mitspieler, doch lieber mal das Kinderzimmer aufzuräumen. Aber auch bei sonstigen Spracheinsätzen – wie Videokonferenzen oder Skype-Telefonie – lässt sich das Signal mit den Effekten aufhübschen, etwaiger Rauschen abmildern und mit dem Auto-Level im für alle Beteiligten angenehmen Drehzahlbereich halten.
Und natürlich lassen sich mit dem Roland UA-FX II auch Instrumentalspuren aufnehmen – wobei besonders die Gitarristen von den gitarrenlastigen Effekten (Stichwort: Amp-Simulation) profitieren. Wer mag, kann damit natürlich auch Spur für Spur nacheinander aufzeichnen: Einspielen, Ergebnis abspielen und gleichzeitig die nächste Spur drüberlegen. Da kommt dann ein wenig das (wenig gute) alte Tascam Porta-Mehrspur-Kassettenrecorder-Gefühl auf. Nur ohne Bandleiern und mit deutlich besseren Sound.
Der Sound ist ok, die Vorverstärker leisten einen für diese Preisklasse zufriedenstellenden Job, die Pegelanzeige ist kurz, aber ganz zuverlässig. Unpraktisch ist, dass sich Kopfhörerlautstärke und Line OUT nicht getrennt regeln lassen: Dreh ich die Speaker richtig hoch, fliegen mir auch die Ohren weg. Und läuft das Signal dann über USB wieder raus an den Rechner, justiere ich damit dann eben auch noch dessen Stärke, heißt: Pegel ich den Kopfhörer runter, kommt auch entsprechend weniger Signal auf dem Rechner an. In diesen Fällen lässt man die Kopfhörer dann besser weg.
Oh,Roland!:-(
Ich weiß das ich gleich Haue bekomme, aber das ist mein subjektives Empfinden.
Seit AIRA,ACB,Boutique, etc.
ist mir die Firma zu tiefst peripher geworden!
Es wirkt alles für mich wie von einem Spielzeughersteller, aber einfach nicht mehr professionell!