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Test: Sonuscore Lyrical Vocal Phrases, Vocal-Library

Solo-Vocals zum Chillen

14. Februar 2018

Lyrical Vocal Phrases

Mit Gesangs-Sample-Librarys ist das so eine Sache. Ob Solo oder Chor – solange von denen nicht mehr verlangt wird als „aaaaaah“ oder „oooooh“, funktionieren die ja recht ordentlich. Problematisch wird es, wenn Text ins Spiel kommt. Dann nämlich wird man in ein starres Korsett aus vorgegeben melodischen Verläufen und festgelegten Wortphrasen gezwängt, was wenig Raum für kreatives Arbeiten lässt. Manche Librarys versuchen, das Problem mit Silbenbaukästen zu lösen – etwa der WordBuilder von EastWest in den Symphonic Choirs (bei dem man ziemlich tricksen muss, um hörenswerte Ergebnisse zu bekommen) oder die (leicht künstlich klingenden) Vertreter der Vocaloid-Serie. Sonuscore versucht es mit einem Kompromiss: Die Sonuscore Lyrical Vocal Phrases sind zwar festgelegt in Melodie und Text, versuchen jedoch, die daraus resultierenden Limitierungen durch eine große Auswahl an Bausteinen und einigen technischen Tricks ein wenig zu aufzubrechen. Ob das gelingt, soll der nachfolgende Test zeigen.

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Nur als Download

Die Lyrical Vocal Phrases gibt es für 99 Euro ausschließlich als Download. Entweder direkt von der Sonuscore-Website oder über einschlägige Stores. Das funktioniert auch mit eher „geht-so-schnellen“ Internetverbindungen: Mit rund 4,5 Gigabyte Größe ist die Library im Vergleich zu anderen Sample-Monstern vergleichsweise schlank. Auch auf der Festplatte beansprucht sie nur unwesentlich mehr Raum. Die Installation ist simpel: runterladen, in ein Verzeichnis der Wahl entpacken und Kontakt 5 mitteilen, wo die neue Klangbibliothek zu finden ist – fertig.

Wichtig: Die Lyrical Vocal Phrases funktionieren nur mit der Kontakt-Vollversion ab der Versionsnummer 5.6.8, und nicht – wie die meisten anderen Sonuscore-Produkte – mit dem kostenlosen Kontakt Player. Wer die nicht hat (ist auch in Komplete 11 enthalten), darf noch einmal 399 Euro auf den Preis für die Library draufrechnen (und bekommt dafür dann aber auch ein mächtiges Werkzeug und die gute Kontakt-Library, ist also kein „rausgeschmissenes Geld“).

Die Lyrical Vocal Phrases laufen ab Windows 7 aufwärts (aktuelles Service Pack, 32/64 Bit), auf dem Mac ab OSX 10.10 und benötigen einen Intel Core Duo oder einen Athlon 64 sowie mindestens 4 GB RAM – deren 6 werden empfohlen. Sofern man da sämtliche Samples auf einen Rutsch – also als ein einziges Instrument – in den Speicher lädt, ist das eine durchaus berechtigte Empfehlung; zur Not kommt man aber auch mit weniger aus.  Auf meinem (etwas in die Jahre gekommenen) Testsystem mit Win 7, einem Intel Core i5-6500 und 16 GB RAM lief die Library jedenfalls problemlos.

Ja wer singt denn da?

Eingesungen wurden die Phrasen der Library von der deutschen Sängerin Conny Kollet, der man ihre klassische Gesangsausbildung (an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main) deutlich anmerkt: Ihre Stimme ist ausdrucksstark und facettenreich, sowohl im Alt- als auch im Sopranbereich zu Hause und auch in leiseren Passagen intonationssicher. Laut Sonuscore hat sie auch das besondere Talent, „authentisch und glaubwürdig Fantasie-Sprachen zu kreieren“. Das hat sie zumindest in Videospiel-Soundtracks wie „Anno 2070“, „Halo Legends“, „Runes of Magic“, „Spellforce 2“ oder „Stranglehold“ unter Beweis gestellt – und kommt auch in den Lyrical Vocal Phrases zum Tragen. Dazu aber gleich mehr.

Videogames deshalb, weil Library-Entwickler Sonuscore ein Label von Dynamedion ist – die wiederum schon seit vielen Jahren für praktisch alle größeren Videospielprojekte in Deutschland und für viele internationale Produktionen (z.B. „Horizon Zero Dawn“) den Soundtrack liefern. Das nur kurz als Hintergrund.

Von Keyswitches, Phrasen und Themes

Stilistisch konzentrieren sich die Lyrical Vocal Phrases auf den ruhigen, getragenen Sound Richtung Fantasy, Ethno etc. mit langgezogenen Tönen und gemäßigten Melodieverläufen ohne große Sprünge. Da hier – neben rein tonalen Phrasen – eine nicht zu aufdringliche Fantasiesprache zum Einsatz kommt, ist die Library aber recht vielseitig einsetzbar. Im Angebot sind insgesamt 17 „Songs“ bzw. Themen; ein Großteil davon in Moll, dazu ein paar Kirchentonarten (dorisch, lydisch) plus drei gesprochene und ein geflüsterter (als Bonus). Diese 17 Songs lassen sich über Klickboxen je nach Bedarf und Platz einzeln, aber auch teilweise oder komplett in den Speicher holen; befinden sich mehrere im Speicher, kann per Keyswitch zwischen den Songs umgeschaltet werden, was dann natürlich die Auswahl an möglichen Phrasen enorm vergrößert.

Die einzelnen Teile sind auf dem Keyboard farbig markiert

Jedes der Themen besteht aus einem Angebot aus Openings, Mittelstücken und Endings, die jeweils fünf Phrasen enthalten, die sich frei kombinieren lassen; dazu kommen dann noch einige Übergangsphrasen bzw. „short endings“. Insgesamt kommt man so auf einen Fundus von 300 unterschiedlichen Versatzstücken. Jede Phrase wurde zudem in vier verschiedenen Tonhöhen aufgezeichnet, dazwischen wurde hochgerechnet; so kommt man dann gut durch eine Oktave, ohne dass der gefürchtete Micky-Maus-Darth-Vader-Effekt einsetzt. Damit die Reise auf der Oktave nicht in schwindelnde Höhen kommt, hat man sich entschlossen, nach fünf Halbtonschritten (also beim E) zumeist in der darunterliegenden Oktave weiter zu machen. Bedeutet: Das F ist jeweils die tiefste Version, das E die höchste. Daran muss man sich kurz gewöhnen (vor allem, wenn man in einem Song die Tonart wechselt), aber das ist schon ok.

Eine weitere Möglichkeit, das Material an die eigenen Bedürfnisse anzupassen, bietet der Speed-Schalter: Hier lässt sich die Geschwindigkeit stufenlos von 75 bis 125 Prozent ändern (also +/- 25 Prozent). Das funktioniert gut und ohne dass es irgendwie künstlich klingt. Schön wäre da auch noch eine Umrechnung auf BPM; so muss man halt ein wenig rumprobieren beim Anpassen, geht auch.

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Effekte inklusive

Auf der Effektseite bieten uns die Lyrical Vocal Phrases drei Effekte an: Einen Vier-Band-EQ (Low, Low/Mid, Mid/High, High), ein Delay (von 1/1 bis 1/64T) und ein Reverb mit Pre-Delay. Dass die fünf (vermutlichen) Voreinstellungen dann aber so kryptische Namen wie „Namaarie“ oder „Uialtum“ tragen, ist dann doch zu viel des Guten (bzw. der Fantasy). Statt mich raten zu lassen, welche Raumgröße sich denn nun dahinter verbirgt (und irgendwie hören die sich alle nach unterschiedlich großen Kathedralen an), hätte man gerne auch das gewohnte „Cathedral & Co“ nehmen oder wenigstens im PDF-Handbuch eine Erklärung anfügen können. Manchmal ist weniger dann doch mehr.

Bewusst mystisch dagegen ist der Button mit der Aufschrift „Mystique“. Der nämlich „führt die vokale Erfahrung einen Schritt weiter, indem er einen mystischen Mix aus Chorus, experimentellen Impuls Responses und einem Stereo Spreader hinzufügt“ – erklärt das Handbuch. Eine FX-Wundertüte also, die ganz brauchbare Ergebnisse zeitigt, aber auch nicht dramatisch ins Geschehen eingreift. Eine nette Spielerei halt für die Freunde von Surprise-Buttons.

Die Abteilung Effekte

Die Library in der Praxis

Das Switchen zwischen den Versatzstücken hat man schnell raus. Mit der linken Hand die Tonhöhe ändern, rechts die betreffenden Tasten der drei Bereiche wählen und zwischen den 17 Themen springen – ein Blick auf die farbige Tastatur im Kontakt hilft da oft im Zweifelsfall weiter. Die Phrasen lassen sich gut kombinieren, auch wenn man dabei zwischen den einzelnen Themen wechselt. Das sorgt für eine gewisse Varianz – allerdings auch, weil die Themen stimmungstechnisch insgesamt doch recht ähnlich klingen und auf Passagen mit Wiedererkennungswert verzichten. So hat das Ganze dann etwas von den musikalischen Würfelspielen, die Ende des 18. Jahrhunderts ein beliebter Zeitvertreib waren. Wie zum Beispiel Mozarts „Anleitung zum Componieren von Walzern vermittels zweier Würfel“ (KV 294d/516f).

Als Kreativitätsbremse erweist sich die Tatsache, dass ausgesprochene Dur-Varianten bei den Themen fehlen; zwar gibt es deren zwei in „Ethno Major“, die aber nun auch kein „richtiges“ Dur sind und tonal eher nach Moll klingen. Und auch die Kirchentonarten Dorisch und Lydisch sind vom fröhlichen Dur so weit entfernt wie der HSV von der Meisterschaft. Das führt am Ende halt zu einer gewissen stilistischen Fixierung; schade, da wäre mit etwas mehr Aufwand dann mehr drin gewesen.

Ganz praktisch ist, dass die Form des aktuellen Samples im Kontakt-Fenster angezeigt wird; so weiß man immer, wo man da gerade ist und wie lange das Sample noch läuft.

Noch eine Kleinigkeit am Rande: Die drei gesprochenen Themen sind durchaus eine Bereicherung, im Vergleich zu den übrigen Phrasen aber etwas zu laut aufgenommen, so dass man da von Hand nachjustieren muss. Kein Drama, muss aber auch nicht sein.

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Fazit

Klanglich gibt es an den Lyrical Vocal Phrases nichts zu bemängeln. Nuancenreich und stimmlich einwandfrei vorgetragen bleiben da keine Wünsche offen. Wer eine gute Frauenstimme für den Bereich „lyrisch-moll-Fantasy-Worldmusic“ sucht, wird hier wirklich bestens versorgt.

Die üblichen Limitierungen von Solo-Gesangs-Librarys vermag diese Produktion aber nur teilweise zu umgehen: Zwar sorgt die gute Kombinierbarkeit der 300 Phrasen der 17 Themen für Abwechslung, so dass kaum eine Produktion der anderen gleicht, auch ist man durch den Einsatz der Fantasiesprache auf der sicheren Seite. Andererseits aber würden ein paar zusätzliche Dur-Varianten oder vielleicht auch ein paar schnellere Passagen für mehr kreativen Spielraum sorgen. Denn – auch Dur kann lyrisch sein.

Alles in allem aber gibt es für überschaubar kleines Geld eine schöne Solo-Stimmen-Produktion, die – mit etwas Fantasie – auch jenseits der Grenzen des vorgegebenen Stilbereiches eingesetzt werden kann.

Plus

  • ausdrucksstarke, nuancenreiche Stimme
  • 300 Phrasen in 17 Themen frei kombinierbar
  • einfache Tempo- und Tonhöhenänderungen
  • integrierte Effekte
  • gut spielbar

Minus

  • keine echten Dur-Varianten

Preis

  • Download-Preis: 99,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    MidiDino AHU

    Ich bin von vielen aktuellen Vocal-Produkten enttäuscht, benutze weiterhin mit Vorliebe die vergleichweise alte ‚Symphony of Voices‘, die dortigen Chöre und die Mezzo-Sopranistin von ‚Spectrasonics‘ im Emu-Format des EIV. Die gesungenen Vokale werden moduliert, ohne in Fantasy abzugleiten … oder lediglich zum Chillen zu taugen …

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